Wenn hochrangige Politikerinnen und Politiker die Lausitz besuchen, führt ihr Weg fast immer zum Braunkohleunternehmen LEAG. Dort wird suggeriert, ohne Kohle geht es nicht. Doch die Lausitz ist schon lange mehr als nur Kohle. Ja, die Kohle war mal groß, zu DDR-Zeiten. Schon seit 1990 nimmt ihre Bedeutung immer weiter ab. Der verbliebenen Kohle-Beschäftigung in Teilen der Lausitz steht inzwischen ein viel größerer Fach- und Arbeitskräftemangel in vielen Branchen der gesamten Region gegenüber. Grundsätzlich ist die Lausitz eher klein- und mittelständisch geprägt. Davon findet man aber kaum etwas in der öffentlichen Debatte. Lausitz ist Kohle, Kohle ist Lausitz lautet der Stempel, den Lobbyisten der Region aufgedrückt haben.
Die Bundesregierung will den Braunkohleausstieg idealerweise auf das Jahr 2030 beschleunigen. Dies ist einerseits erforderlich, um die verbindlichen Klimaschutzzielezu erreichen. Es ist aber vor allem auch nötig, um den Kohleausstieg in Ostdeutschland planvoll zu gestalten. Denn wenn sich Kohleverbrennung aufgrund steigender CO2-Preise deutlich vor 2038 nicht mehr rentiert, kommt es zu einem unkontrollierten Ausstieg, der Wirtschaft und Beschäftigte unvorbereitet trifft.
Es spricht viel dafür, jetzt einen geordneten früheren Kohleausstieg in den ostdeutschen Braunkohlerevieren zu vereinbaren, der einen geordneten Strukturwandelprozess ermöglicht. Nicht nur die Bergbaufolgelandschaft braucht jetzt Planungssicherheit, auch den Kommunen und Beschäftigten muss ehrlich gesagt werden, was auf sie zukommt.
Trotz dieses Wissens oder weil sie es nicht wahrhaben wollen, werden Ministerpräsidenten wie Dietmar Woidke (SPD) aus Brandenburg oder Michael Kretschmer (CDU) aus Sachsen nicht müde zu erzählen, man könnte nicht früher aus der Kohle raus. Sie vergessen dabei allzu gerne, dass der überwiegende Teil eben nicht in der Kohle arbeitet. Nicht jeder bekommt schließlich einen Posten im Aufsichtsrat des Kohleunternehmens MIBRAG, wie der ehemalige sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU).
Ohne Frage, die Kohle hat die Lausitz geprägt, die Menschen, die Landschaft, die Umwelt. Aber die auch Schäden der jahrhundertelangen Kohleförderung treten immer mehr zu Tage: Die Spree färbt sich braun, es gibt einen akuten Wassermangel, Bergschäden an Häusern treten auf. Es muss endlich ein Ende finden, davon sind viele Menschen in der Lausitz überzeugt. Sie kommen aber in der Öffentlichkeit kaum zu Wort.
Daher wurde im Frühjahr 2023 die Webseite „Lausitz 2030 - Wir sagen Ja zu einem früheren Kohleausstieg“ ins Leben gerufen. Hier können Lausitzerinnen und Lausitzer schildern, warum aus ihrer Sicht ein früherer Kohleausstieg ein Vorteil für die Region ist. Die Cottbuserin Rebekka Schwarzbach ist im Frühjahr 2023 quer durch die Lausitz gereist und hat Menschen getroffen, die ihre Sicht deutlich machen wollen. Eine Auswahl kommt auf diesem Online-Portal zu Wort und wird in der kommenden Zeit noch erweitert.